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AutorenbildMathias Stricker

Mit oder an PISA sparen?

Im PISA-Vergleich schneiden unsere Jugendlichen gut bis sehr gut ab. Fragen stellen sich dennoch – etwa, wo schweizweit und im Kanton Solothurn Handlungsbedarf besteht und welche Kompetenzen uns auch wichtig sind.


Wie immer bei der Publikation de PISA-Resultate rauscht es munter im Blätterwald, die Medien geben wildesten und selten sorgfältigen Analysen eine Plattform, selbst ernannte Bildungsexperten und -expertinnen nehmen undifferenziert Schuldzuweisungen für Punkteeinbussen vor. Ich plädiere für einen «gelasseneren»– aber nicht gleichgültigen – Umgang

mit PISA-Ergebnissen.


«Gelassener», weil in der Schweiz rund 95 Prozent der Jugendlichen Anschlusslösungen nach der obligatorischen Schule haben: eine Lehre – hier zeigt sich die Stärke des dualen Berufsbildungssystems –, den Besuch einer Mittelschule oder eines Brückenangebots. Zu den Strukturen, die das ermöglichen, gilt es Sorge zu tragen und sie zu optimieren.


«Gelassener» auch, weil PISA den Standard zelebriert, Bildung jedoch mehr ist: mehr, als Kinder und Jugendliche der Wirtschaft zuzuführen. Um junge Menschen für ihr eigenes «Werden» und die Gesellschaft bilden zu können, braucht es die Förderung sozialer, kreativer, kommunikativer

und kollaborativer Kompetenzen – erst recht, da künftig künstliche Intelligenz standardisierte Aufgaben erledigen wird. PISA berücksichtigt diese Kompetenzen nicht; das Streben nach

einem Spitzenresultat bei PISA verhindert ihren Erwerb gar. Ich bin deshalb froh, dass in unseren Schulen immer noch – wir müssen aber immer wieder dafür kämpfen – kreative und musische Fächer wichtig sind. Wären auch sie Teil von PISA, würden Länder, die primär auf Drill und

Auswendiglernen setzen und damit «Bulimie-Wissen» und verheerende psychische Belastungen fördern, vermutlich nicht gut abschneiden.


«Gleichgültig» schliesslich dürfen wir gegenüber PISA nicht sein, weil die Studie auch ‹Verlierer› und ‹Verliererinnen› sichtbar macht: Kinder und Jugendliche mit meist bildungsferne Hintergrund, die es an den Schweizer Schulen nicht schaffen, die Grundkompetenzen, insbesondere beim Lesen, zu erwerben. Diese Schülerinnen und Schüler haben oft bereits bei Schuleintritt Lerndefi-

zite, mehrheitlich im sprachlichen Bereich, was auch den Erwerb von Kompetenzen in anderen Bereichen behindert. Die Schule kann solche Rückstände meist nicht mehr mit vertretbarem Aufwand ausgleichen. Es ist belegt, dass sich in den ersten vier Lebensjahren weitgehend entscheidet, wie erfolgreich eine erwachsene Person sein wird. Also braucht es dringend die frühe Sprachförderung. Die politischen Weichen sind in unserem Kanton gestellt, jetzt geht es an die flächendeckende Umsetzung.


«Gleichgültig» dürfen wir gegenüber PISA auch deshalb nicht sein, weil Klassen mit adäquat ausgebildetem Lehrpersonal beim PISA-Vergleich besser abschneiden. Entsprechend braucht

es attraktive Anstellungs-, Arbeits- und Rahmenbedingungen. Wie das mit einem Sparpaket aufgehen soll, das die Regierung des Kantons Solothurn kürzlich angekündigt hat, ist unklar. Der

LSO setzt sich energisch für gute Bedingungen an den Schulen ein. Wenn sparen – dann vielleicht bei PISA!


Schulblatt 2/24

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