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AutorenbildMathias Stricker

«Gring ache und seckle»

Starke Ansprachen, hochkarätige Kultur und ein grosser Publikumsaufmarsch. Der KLT-Vormittag 2022 war ein veritables Feuerwerk in den Farben «Fakten» und «Fantasie».

Immer wieder Applaus und Zustimmung! Das Publikum mochte das Ende der Ansprachen nicht abwarten und würdigte die Worte der KLT-Redner Mathias Stricker, Roland Misteli und Bildungsdirektor Remo Ankli gleich mehrfach mit spontanem Klatschen. Dabei, wir wissen es, gibt es für die Lehrerschaft an sich wenig Grund zum Jubeln: Corona, Ukraine, Lehrpersonenmangel – die Schule und mit ihr die Lehrpersonen wurden und werden arg durchgeschüttelt. Interpretiert man den Zwischenapplaus am KLT als Seismograf für die Befindlichkeit der Solothurner Lehrerschaft, legte dieser offen, was den Solothurner Lehrpersonen zu schaffen macht: die zu grossen Klassen, die ungenügende Entlastung der Klassenlehrpersonen und der hohe Zeitaufwand für Zusatzaufgaben. Bei diesen und anderen Punkten ist also Handlungsbedarf angezeigt. Doch der Reihe nach.

Ein Zeichen setzen

2200 Besucherinnen und Besucher versammelten sich zum KLT in der Stadthalle Olten. Ein beeindruckender Anblick – erst recht nach den drei prägenden und zerrenden zurückliegenden Jahren, in denen der KLT pandemiebedingt nicht hatte durchgeführt werden können. «Ihr setzt mit eurer Anwesenheit ein Zeichen für die Lehrpersonen im Kanton Solothurn, ein Zeichen auch für die Stärke des LSO», begrüsste ein sichtlich bewegter Mathias Stricker das Publikum. In seiner pointierten Ansprache unterstrich der LSO-Präsident den Einsatz der Lehrpersonen während der Pandemie. «Ihr habt dazu beigetragen, dass die Schule als systemrelevante Institution aufrechterhalten werden konnte.» Stricker bedankte sich zudem bei der Verwaltung, dem Schulleiterverband, dem VSEG und der Politik für die «gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe». Massive Kritik erntete dagegen die EDK, das Verdikt fiel sowohl von Mathias Stricker als auch von Roland Misteli deutlich aus. Die EDK habe «kläglich versagt», da sie es verpasste habe, bei überkantonalen Bildungsfragen wie der Corona Pandemie und aktuell dem Lehrpersonenmangel eine einheitliche Strategie zu entwickeln.

Sorgenkind Spezielle Förderung

Im ‹Solothurner Weg›, sprich, im engen Austausch, den die Akteure im Kanton Solothurn pflegen, erkannte Mathias Stricker eine gute Grundlage für die vielen anstehenden Themen im Kanton. Welche Themen das sein werden, nannten er und nach ihm Roland Misteli stante pede: Die Spezielle Förderung, die Klassengrössen und der Mangel an Lehrpersonen.

«Die Spezielle Förderung stellt unseren Schulalltag vor grosse, manchmal kaum bewältigbare Herausforderungen», meinte Stricker. Wenngleich der LSO die Integration in ihrem Grundgedanken befürworte, habe er stets daran appelliert, den Lehrpersonen und Schulen genügend Ressourcen und fachliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Gespannt erwarte der LSO den Schlussbericht der kantonalen Evaluation. Jetzt schon steht aber für den Verband fest: «Handlungsbedarf ist angesagt, wir fordern grundsätzliche Optimierungen.»

Sorgenkind Klassengrössen

Handlungsbedarf ortet der LSO auch bei den Klassengrössen. Gestiegene Ansprüche und anspruchsvolle Klassenzusammensetzungen machten das Unterrichten bisweilen zur Quadratur des Kreises, «die Belastungsgrenze von uns Lehrpersonen wird überschritten», betonte Stricker und forderte Unterstützung in Form von Assistenz-, Partner- oder Teamteachinglektionen. Lektionen, die, wenn sie tatsächlich unterstützend sein sollen, nicht von irgendwem abgedeckt werden dürfen, sondern von «adäquat ausgebildeten Lehrpersonen». Einen Appell richtete der LSO-Präsident zudem an die Adresse der Gemeinden: Von Zusammenlegungen der Klassen aus rein finanziellen Abwägungen solle Abstand genommen mehr, mehr noch, so Mathias Strickers Aufruf: «Eröffnet auch mal eine Klasse mehr.»

Sorgenkind Lehrpersonenmangel

Deutliche Worte fand auch LSO-Geschäftsführer Roland Misteli, der seinen Schwerpunkt auf den Lehrpersonenmangel legte. Er warnte davor, die Anforderungen an die Ausbildung nach unten zu korrigieren oder allzu leichte Umstiegsmöglichkeiten aus anderen Berufen in Erwägung zu ziehen. Um den Lehrberuf attraktiver zu machen, brauche es eine zweite Klassenleitungslektion und eine Anhebung der Löhne. Vorbei seien die Zeiten, als der Kanton Solothurn bessere Löhne bezahlte als die Nachbarkantone. «Es braucht jetzt einen substanziellen Schritt, einerseits um nicht abgehängt zu werden, andererseits um die seit Monaten stark steigende Teuerung auszugleichen.» Roland Misteli versprach, die mit der Regierung anstehenden Lohnverhandlungen hartnäckig zu führen.

Remo Ankli

«Gring ache u seckle» – so habe sich die Situation der Lehrpersonen während der Corona-Pandemie vergleichen lassen, sagte Landammann Dr. Remo Ankli, der in seiner launigen Rede an die von seinen beiden Vorrednern genannten Sorgenkinder anknüpfte. «Es gilt, den Beruf der Lehrerin und des Lehrers konkurrenzfähig zu erhalten, gegenüber Abqualifizierungen zu verteidigen und für gute bis sehr gute Anstellungsverhältnisse im Kanton einzustehen.» Zwar habe die Belastung durch Reformprojekte abgenommen. Zugleich habe aber eine vom LSO 2020 durchgeführte Mitarbeitenden-Befragung gezeigt, dass andere Belastungen zugenommen hätten, etwa die administrativen Arbeiten und die Elternarbeit. Der Bildungsdirektor will sich dafür einsetzen, dass sich Lehrpersonen wieder vermehrt auf ihren Unterricht konzentrieren können. Und er skizzierte zwei Wege, die ihm dafür zielführend scheinen. Zum einen durch eine Reduktion der sekundären Aufgaben – sogleich erntete der Bildungsdirektor Applaus. Zum anderen wolle man, so Remo Ankli, der Frage nachgehen, «welches der angemessene Koordinationsaufwand innerhalb von Klassen- und Schulteams» sein könne und dürfe. Und schliesslich sprach sich der Bildungsdirektor für eine Stärkung der Klassenlehrpersonen aus.

Schlagfertig bedankte sich Mathias Stricker beim Bildungsdirektor für dessen Ansprache: «’Gring ache und seckle›, das haben wir jetzt gemacht, jetzt ist es wichtig, dass wir uns den ‹Gring› nicht einstossen. Wir haben gehört, dass unsere Anliegen zum Teil angekommen sind und warten auf baldige konkrete Massnahmen.»

Laura de Weck und Luna-Tic

Nach diesen bildungspolitischen Ansprachen ging der KLT in seinen nicht minder hochkarätigen zweiten Teil über. Die Schauspielerin, Kolumnistin und Theatermacherin Laura de Weck zog alle Register und brillierte mit ihrer Rede und Performance unter dem Titel «Fakten, Fake und Fantasie». In Zeiten, in denen Kinder und Jugendliche ständig mit Bildern und Nachrichten überflutet werden, in grundsätzlich unsicheren Zeiten, in denen das Unvorbereitete einen mehr und mehr treffe, müssten junge Menschen gestärkt werden. Die Gastreferentin gab ihrem Vertrauen Ausdruck, dass der Schule die Herausforderung gelinge, Kindern und Jugendlichen gleichermassen Fakten zu vermitteln und ihre Fantasie zu fördern. Das Publikum bedankte sich mit grossem Applaus bei Laura de Weck für ihren unterhaltsamen und geistreichen Auftritt, mit dem sie den Beweis erbracht hatte, dass 3 plus 3 vielleicht auch 8 ergeben kann und also Fakten und Fantasie sich durchaus in der Schwebe halten können. Und schliesslich setzte das Duo Luna-Tic dort an, wo vor ihm Laura de Weck aufgehört hatte: bei der Begeisterung des Publikums. Vermutlich verliessen die Besucherinnen und Besucher des KLT-Vormittags die Stadthalle mit folgendem Eindruck: Die klaren Ansprachen der drei männlichen Redner, ihr gemeinsames Nachdenken darüber, wie Schule und Bildung vorangebracht sowie Lehrpersonen in ihrem Schulalltag unterstützt werden können, waren ebenso beflügelnd wie die wunderbar geistreiche Unterhaltung der drei weiblichen Performerinnen. Fakten und Fantasie – die Schule und Lehrpersonen brauchen tatsächlich beides.

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