Die „Tausend Crèmeschnitten“ also das Französischlehrmittel Mille feuilles ist im Kanton Solothurn jetzt genau sieben Jahre im Einsatz. Das bedeutet, dass die Lehrpersonen in der Primarschule in der Regel Erfahrungen mit zwei bis drei Klassenzügen damit gesammelt haben. An Austauschtreffen der Primarlehrpersonen ist die Motivation für die Fremdsprachen Französisch und Englisch spürbar, das Engagement für die Fremdsprachen ist gross. Die Lehrpersonen stellen fest, dass sie die Lehrmittel nach mehreren Durchgängen immer besser einsetzen können und erkennen deren Mehrwert, insbesondere die Mehrsprachendidaktik mit dem Ziel, dass die Sprache in erster Linie der Verständigung dienen soll.
Die Schülerinnen und Schüler lassen sich begeistern, bereits nach kurzer Zeit ist es für sie selbstverständlich Texte zu entschlüsseln, immer wieder vor der Klasse etwas vorzutragen und eigene Arbeiten in einer Fremdsprache zu präsentieren. Die neue Sprachlernstrategie braucht vor allem auch einfach Zeit. Gespannt werden darum auch die Auswertungen des Instituts für Mehrsprachigkeit in den kommenden Jahren erwartet. Es wird aber von den Primarlehrpersonen auch klar moniert, dass sich der Schulverlag bezüglich Verbesserungen von „Mille feuilles“ bezogen auf den Alltagswortschatz und Alltagsthemen bis jetzt der Verantwortung entzogen hat. Erst auf stärkeren, äusseren Druck der Verbände, der Politik und der Bildungsverwaltung bewegt sich der Schulverlag und hat die Überarbeitung in Angriff genommen. Kürzlich konnte dazu eine Delegation von Lehrpersonen an einem Hearing teilnehmen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie der Schulverlag jetzt effektiv auf die kritischen Rückmeldungen aus der Praxis reagiert. Im Moment droht dem Schulverlag im zweiten Zyklus noch kein Konkurrenzprodukt, aber das kann sich ändern. Gerne möchte ich festhalten, dass die Fraktion der Primarlehrpersonen Französisch ab der 3. Klasse nach wie vor unterstützt und auch Englisch ab der 5. Klasse nicht bestritten ist. Die Diskussion um Passepartout ist aus unserer Sicht ganz klar eine Lehrmitteldiskussion und nicht eine Strukturdiskussion. Leider wurde und wird den Übergängen von der Primarstufe in die Sek 1 bzw. von der Sek 1 in die Sek 2 zu wenig Beachtung geschenkt. Eine erste Folge ist jetzt der Entscheid, das Lehrmittelobligatorium für die Fremdsprachen an der Sek P fallen zu lassen. Aus Sicht der Sek P sind die Gründe sicher nachvollziehbar (Konzipierung des Lehrmittels auf drei Sek-Jahre, Anschluss MAR). Leider werden bei solchen Entscheidungen die Auswirkungen des Unterrichts an der Primarschule selten beachtet oder gar negiert. Dass jetzt die Sek B und E Lehrpersonen eine Aufhebung des Obligatoriums für das Lehrmittel Clin d’oeil anstreben, war zu erwarten und ist aus Sicht Sek1 nachvollziehbar, obwohl im Übergang Primarschule und Sek1 inzwischen bereits gute Treffpunkte geschaffen worden sind und sich die 3. Seklehrpersonen erst im ersten Durchgang mit Clin d’oeil befinden. Aber auch hier gilt es zu beachten, dass Lehrmittelentscheide auf der Sek 1 spürbare Auswirkungen auf den Unterricht an der Primarschule haben werden. Die Primarlehrpersonen müssen sich fragen, wie sie die Schülerinnen und Schüler am besten auf drei Niveaustufen mit unterschiedlichsten weiterführenden Lehrmitteln überhaupt noch zielgerichtet vorbereiten können. Der Einwand „entscheidend ist ja, was der Lehrplan vorgibt“ ist wenig hilfreich, weil gerade bei den Fremdsprachen eine weiterführende Struktur des Lehrmittels die Lernenden sehr unterstützt. Mit einer Aufhebung des Lehrmittelobligatoriums ist es fragwürdig, wie die in der Primarschule aufgebauten Sprachkompetenzen in der Sek 1 weitergeführt werden sollen. Die Lehrpersonen der Sek B und E werden andere Kompetenzen erwarten, als diejenigen, auf welchen das «Mille feuilles» aufgebaut ist. Der Wechsel von der Primarschule in die Sek 1 wäre künftig mit einer andern Philosophie des Französischlernens erheblich erschwert. Die Primarlehrerinnen und Primarlehrer erwarten, dass der Didaktik der Mehrsprachigkeit weiterhin Rechnung getragen wird und die Schülerinnen und Schüler dort abgeholt werden, wo sie realistisch auch stehen können. Es ist eine grosse Herausforderung im gegenseitigen Gespräch im Interesse der Schülerinnen und Schüler Absprachen zu treffen, Treffpunkte zu schaffen, um ein Weiterführen der aufgebauten Kompetenzen zu gewährleisten. Wir erhofften uns hier einen längeren Atem, um sich im Neuen zurechtzufinden. So oder so: Die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist zwingend nötig – erst recht bei einer Auflösung des Lehrmittelobligatoriums auf allen Sek-Stufen!
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